Ist die Hölle ewig?

■ Viele unserer Zeitgenossen in Gesellschaft und den offiziellen „Kirchen“, die sich ja auch medienwirksam zu „modernen Menschen“ erklären, haben einige der theologischen Inhalte in der genuinen Lehre der katholischen Kirche „entdeckt“, an denen sie besonders Anstoß nehmen und die für sie somit zu richtigen Reizthemen wurden. Diese gilt es für sie zu bekämpfen, weil ja ein „moderner Mensch“ nicht an solches glauben könne.
Unter anderem zählt in der heutigen Gesellschaft zu solchen Themenbereichen auch der Glaube der Kirche an das Gericht Gottes und hier vor allem der Glaube an die Existenz der Hölle. Ja, man erklärt sich voll damit einverstanden, dass die Gerechten nach ihrem Tod auf Erden der ewigen Glückseligkeit in der Anschauung Gottes im Paradies gewürdigt werden. Ebenso kann man sich auch noch irgendwie mit der katholischen Glaubensaussage anfreunden, dass die Seelen derer, die noch nicht alle ihre Schuld abgebüßt haben sollten zu Lebzeiten hier auf Erden, dann in der Ewigkeit eben zuerst im Fegefeuer die Reststrafe für ihre Sünden vor Gott und den Menschen abbüßen müssen, bevor sie nämlich zu Gott ins Paradies kommen dürfen.
Was dem „modernen“ und „aufgeklärten“ Menschen dann aber überhaupt nicht passt, ist die kirchliche Lehre, dass es erstens auch eine Hölle als den Ort der furchtbar zu erduldenden Abwesenheit Gottes und der daraus resultierenden Verzweiflung gibt. Und zweitens lehnt man sich dagegen auf, dass die entsprechende Pein derer, die nach der Abrechnung unserer Zeit auf Erden durch den gerechten Richter in die Hölle kommen sollten, niemals aufhöre. Der Gedanke an eine ewig existierende Hölle ist tatsächlich schwer zu „verdauen“. Auch katholische Christen kommen in der Regel nicht einfach so darüber hinweg und können aus christlichem Mitleid noch weniger eine wie auch immer geartete Freude über das betreffende furchtbar-tragische Schicksal der betreffenden Unglücklichen empfinden.
■ Ja, der Gedanke an die Ewigkeit der Hölle ist menschlich irgendwie unerträglich, noch weniger für einen Menschen, der Gott liebt und Gutes will und tut. Nicht wenige der offiziellen Christen sagen dann – etwa in ihrer Hilflosigkeit dem brutalen Phänomen der Hölle gegenüber!? –, dass der sich in Jesus Christus als unendliche Liebe offenbarende Gott eigentlich ja keine Hölle als einen Ort der ewigen Qual zulassen könne, weil dies ja angeblich Seinem Wesen widersprechen würde. Jesus sei ja für uns alle am Kreuz gestorben und habe durch Seine an unserer Stelle geleistete Sühne für die Sünden eben die Erlösung bewirkt. Angesichts dieser gnadenhaften Realität könne Er also keine Hölle zulassen.
Im modernistischen Bereich der „Konzilskirche“ gibt es zahlreiche Versuche, diese Frage auf eine analoge Weise zu „lösen“, dass dann alles im Prinzip auf die Behauptung hinausläuft, die Liebe Gottes sei halt stärker als die Bosheit der Menschen und vernichte diese dann auch – wenigstens im Hinblick auf die Ewigkeit. Daher würde die Annahme eines ewigen Ortes der Verdammnis frontal dem Dogma von der Liebe und Heiligkeit Gottes entgegenstehen. Und wenn schon nicht sofort – so eine der Versionen –, so würde doch wenigstens nach einer gewissen Zeit des Leidens in der Hölle jede menschliche Seele aus dieser befreit werden müssen, wenn auch erst etwa „nach einer Million Jahren“.
Der bekannte „katholische“ Theologe Hans Urs von Balthasar stellte die Theorie von einer „leeren Hölle“ auf. „Wie zuvor alle Menschen durch den Ungehorsam Adams gefallen seien, so seien sie in Christus auch alle erlöst worden. Durch den Abstieg in die Hölle hat Christus für von Balthasar die tiefste Hölle durchlitten und in sich das ganze Wirken des Bösen, die verdichtete Sünde, aufgenommen und verwunden.“ (www.kath.net/news/45590). Wenn es also auch eine Hölle geben solle, so sei sie dann nach von Balthasar wohl als leer vorzustellen.
■ Klingt das denn nicht fromm? Wird hier denn nicht wirklich die Größe Jesu und Seines göttlichen Heilswirkens eindrucksvoll betont? Viele empfinden heute Sympathien dafür. Dennoch bricht eine solche Vorstellung mit einer ganzen Reihe fundamentaler katholischer Ecksteine des christlichen Gottes- und Menschenbildes. Denn praktisch wird hier ja die sehr gefährliche Häresie der Allerlösung gelehrt! In der Ewigkeit würden demnach alle Menschen erlöst und in den Himmel kommen – logischerweise völlig unabhängig von der Frage, wie sie ihr Leben gelebt haben und ob sie dabei Gott und das Gute geliebt oder vielleicht sogar ausdrücklich gehasst haben!
Wenn nämlich in Entsprechung zu dieser Theorie jede Sünde irgendwann mal vergeben werde, ohne dass der betreffende Mensch als Sünder dafür Reue empfinden und Umkehr geloben bzw. dann auch praktizieren müsse, dann wird die christliche Morallehre, ja jegliche Moral komplett aufgehoben! Man könne dann ja tun und lassen, was man wolle – Gott werde jedes noch so grausame Kapitalverbrechen und jede noch so ekelhafte Bosheit immer und in jedem Fall vergeben – wenn eventuell noch nicht in der Zeit, so dann doch allerspätestens irgendwann in der Ewigkeit!
Warum regen wir uns dann aber überhaupt über solche verbrecherischen Gestalten der Menschheitsgeschichte wie z.B. Hitler, Stalin und Pol Pot auf, wenn doch Gott ihnen in Seiner Liebe (angeblich) vergeben werde oder schon habe? Wäre es dann nicht arroganter Hochmut und brutale Hartherzigkeit unsererseits, auf die Verbrechen dieser oder ähnlicher Gestalten überhaupt hinzuweisen, wo doch Gott sich ihrer erbarmen werde oder bereits erbarmt habe? (Bei der Behandlung unseres Themas hier gehen wir mal stillschweigend davon aus, dass die betreffenden Sünder vor ihrem Scheiden aus dieser Welt weder aufrichtige Reue empfunden noch ernstzunehmenden Umkehrwillen an den Tag gelegt haben, denn sonst würde es ja ein ganz anderes Thema sein.)
Auch würde Gott dann Sein gesamtes Sittlichkeitsgebot generell und grundsätzlich nicht nur passiv zusammenbrechen lassen, sondern auch aktiv ad absurdum führen, weil ja im Hinblick auf die Ewigkeit und somit im eigentlichen Sinn des Wortes es keine entscheidende Rolle mehr spielen würde, ob sich ein Mensch hier auf Erden um die Erfüllung des heiligen Willens Gottes bemüht, seine Sünden bereut und sich um die Besserung seines Lebenswandelns bemüht habe oder nicht. Recht und Unrecht, Wahrheit und Lüge, Gut und Böse, Schwarz und Weiß würden dann ja von Gott schlussendlich grundsätzlich auf dieselbe sittlichkeitsrelevante Stufe gestellt, was nämlich die Anschauung Gottes als den ewigen Lohn für unsere Zeit hier auf Erden angeht. Ob man nun anständig oder frech, selbstlos oder egoistisch, liebe- oder hasserfüllt sei – alles laufe letzten Endes auf dasselbe hinaus, nämlich auf die Teilhabe an den Freuden des Paradieses!
Ein „Gott“ bzw. Götze, der hinter einem solchen sittlich-perversen System steht, ist ein moralisches Monster, dem letztendlich nichts Heiliges wichtig ist bzw. der jede noch so abgrundtiefe Bosheit in Vernichtung aller nur erdenklichen Grundsätze der Heiligkeit und Gerechtigkeit mit dem ewigen Leben der beseligenden Anschauung Gottes belohne. Die Häresie der Allerlösung schafft sich also einen „Gott“, der eher dem Teufel gleichkommt, der ja tatsächlich alle moralischen Werte verwischen und in den Herzen der Menschen mit dem Säen sittlicher Gleichgültigkeit anfängt!
■ Es hat den Anschein, dass die an sich gutwilligen Christen, die die eigentliche Existenz der Hölle emotional nicht annehmen wollen bzw. sie mit dem Verweis auf die unendliche Liebe Gottes leugnen, keinesfalls automatisch die gerade geschilderte diabolische Pervertierung der Werte bezwecken wollen. Nein, sie scheinen nur ziemlich sentimental und fast schon krankhaft naiv davon auszugehen, dass jeder Mensch im Prinzip gut sei und irgendwann schon, früher oder später halt, seine Sünden einsehen und bereuen werde. Und dann würde ihm eben von Gott vergeben werden und er müsste somit nach seinem Tod wenigstens nicht in die Hölle kommen. (Irgendwie gereicht ihnen dies auch insofern zur Ehre, dass sie sich eben mit halbwegs anständigen Menschen umgeben und keinesfalls Gemeinschaft mit richtigen Bösewichten pflegen.)
Was aber dabei in ihrem geistigen Blickwinkel nicht auftaucht, ist die grundsätzliche Möglichkeit der vollbewussten und entschiedenen Fassung eines zweifelsfrei bösen Willens – eben trotz besten Wissens um die kategorische Bosheit eines solchen Willens und ohne eine nennenswerte vorherige Schwächung der eigenen Willenskraft durch eine etwaige Versuchung! Das ist eben das furchtbare und abgrundtiefe Mysterium der Bosheit, dass da in solchen Fällen nämlich nicht einmal ein wie auch immer gearteter Versuch der „Legitimierung“ der eigenen Bosheit mehr vorgenommen werde, eine faule Ausrede, sondern um den zweifelsfrei moralisch-negativen Charakter des eigenen Willens gewusst wird!
Besteht denn nicht gerade die Sünde des Luzifer und der mit ihm gefallenen Engel in einer solchen durch absolut nichts zu rechtfertigenden oder wie auch immer die betreffende Schuld mildernden Entscheidung eines freien Willens? Sie wurden als reine Geister von Gott erschaffen, haben im Paradies unverhüllt die Güte, Heiligkeit und Herrlichkeit ihres Schöpfers gesehen, wurden durch keine an sie von außen herantretende Versuchung in ihrem sittlichkeitsrelevanten Willen geschwächt und haben sich dann trotz dieser ganzen Einsicht und beseligenden Schauung Gottes doch gegen Ihn entschieden! In und durch diese Entscheidung ist dann eben das Böse entstanden und hört dann in der Zeit niemals auf, die Menschen von Gott und Seinem Reich der Liebe und Gnade abzubringen! Böse Intention um ihrer selbst willen und in bewusster Ablehnung der Heiligkeit und Liebe Gottes!
Jesus warnt im Evangelium unmissverständlich: „Darum sage Ich euch: Jede Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben. Aber die Lästerung wider den Heiligen Geist wird nicht vergeben. Wer ein Wort sagt wider den Menschensohn, dem wird vergeben werden. Wer es aber sagt wider den Heiligen Geist, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser noch in der zukünftigen Welt.“ (Mt 12,31f.)
Gemeint ist, dass jede Sünde grundsätzlich vergeben werden könne, wobei hier natürlich stillschweigend vorausgesetzt wird, dass beim betreffenden Sünder auch Einsicht in das begangene Unrecht, Umkehrwille und Bußbereitschaft vorliegen. Über diese unabdingbaren Voraussetzungen zur Erlangung der Vergebung durch Gott spricht Jesus ja an vielen anderen Stellen des Evangeliums. Wenn Er aber von einer Sünde „wider den Heiligen Geist“ spricht, dann meint Er damit eine Sünde, die wie vorhin beschrieben eben als Bosheit um der Bosheit willen begangen werde – in einer klaren, ja sogar konzentriert-satanischen Absicht, auf die Liebe Gottes mit Hass zu antworten! Und eine solche Sünde könne nach den Worten Jesu niemals vergeben werden, weil ja in diesem Fall beim Menschen auch keine innere Umkehr mehr möglich sei!
■ Die katholische Theologie erklärt diese Sünde gegen den Heiligen Geist auch mit dem Verweis auf die große Gefahr der Verhärtung oder Verstocktheit in der Sünde, die beim widerholten vollbewussten Vollzug der Sünde entstehen kann: „Gott will nie das Verderben des Menschen, Er will aber auch nie die Verletzung der menschlichen Freiheit. Wenn nun der Mensch sich freiwillig der Sünde hingibt, so sucht Gott ihn immer noch zurückzuziehen zu sich, und spendet ihm hierzu reichlich seine wirksame Gnade. Im allweisen Liebesbeschluss ist aber für jeden Menschen ein Maaß der Gnade vorausbestimmt, hinreichend, ihm die künftige Seligkeit zu sichern. Ist dieses fruchtlos verschwendet an der erstarrenden Bosheit des Sünders, dann wird von Seiten Gottes die Reaktion eingegangen, d.h. Gott lässt den Sünder gehen, und dieses Gehenlassen allein, nach vorausgegangener Erschöpfung der reichlichen Gnade, verhärtet den Menschen. Nie aber lässt Gott eher vom Sünder, als bis dieser in seiner freien, boshaften Selbstbestimmung, dem höchsten Grad niederträchtigen Hochmuts, von Gott gelassen hat.
Und so sage ich, dass das Prinzip der Verhärtung stets die Böswilligkeit des von Gott lassenden, alle Gnaden von sich stoßenden menschlichen Willens ist, und dass Gott nur insofern als dieses Prinzip gelten mag, als Er einerseits gerecht ist in seiner unendlichen Liebe, und andererseits den Menschen nicht widerwillig und mit Verletzung der selbst Ihm unantastbaren menschlichen Freiheit, auf gewalttätige Weise zu sich zurückzubringen streben kann.“ (Hoffmann, L., Die Sünde und Sünden gegen den heiligen Geist. Regensburg 1847, S. 81f.)
Das Neue Testament kennt ebenso das Phänomen einer möglichen Verhärtung des Herzens beim Vollzug der Sünde: „Möchtet ihr darum, wie der Heilige Geist sagt, heute auf Seine Stimme hören: ‚Verhärtet eure Herzen nicht wie bei der ‚Erbitterung‘ am Tag der Versuchung in der Wüste, wo mich eure Väter versuchten und prüften. … Darum zürnte Ich diesem Geschlecht und sprach: Immerdar irren sie mit ihrem Herzen.‘ … So seht denn zu, Brüder, dass keiner von euch ein böses Herz hat, das im Unglauben vom lebendigen Gott abfällt. Muntert vielmehr einander jeden Tag auf, solange es noch ‚Heute‘ heißt, damit niemand von euch durch den Trug der Sünde verhärtet wird.“ (Hebr 3,7f.12f.)
In Röm 1,18-32 beschreibt der hl. Apostel Paulus, wie das „unverständige Herz“ der Heiden „verfinstert“ wurde, weil sie „die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Abbildern von vergänglichen Menschen, von Vögeln und von … Tieren vertauschten“. „Darum gab sie Gott durch die Gelüste ihres Herzens der Unlauterkeit preis. … Deshalb gab sie Gott schändlichen Leidenschaften preis.“ Dann werden einige der widernatürlichen Sünden gegen das 6. Gebot aufgelistet. „Sie kennen zwar die Satzung Gottes, dass des Todes schuldig ist, wer solches begeht; dennoch tun sie es, ja spenden noch denen Beifall, die es tun.“
Da müsste jedem beim Lesen dieser aufschreckenden Texte aus dem Neuen Testament bewusst werden, wie schnell es, Schritt für Schritt, zu einer Verhärtung des Herzens kommen kann, und wie groß auch die Gefahr ist, dass daraus dann sogar auch eine von Jesus als unvergebbar formulierte Sünde gegen den Heiligen Geist entstehen kann!
Der hl. Kirchenlehrer Gregor der Große (Sittenlehre 34, 19, 36) führt den folgenden Gedanken bei der Erklärung der Ewigkeit der Höllenpein an: „Man wirft ein: Eine Schuld, die ein Ende hat, darf nicht ohne Ende bestraft werden. Der allmächtige Gott ist doch gerecht, und was nicht in ewiger Sünde begangen ist, darf nicht in ewiger Pein bestraft werden. Darauf können wir ohne Umschweife antworten, dass der Einwand recht hätte, wenn der künftige gerechte und strenge Richter nicht die Herzen, sondern die Taten der Menschen wöge. Die Bösen haben deswegen nicht ohne Ende gesündigt, weil sie nicht ohne Ende gelebt haben. Sie hätten wohl ohne Ende leben wollen, um ohne Ende in Sünden bleiben zu können. Denn sie verlangen mehr danach zu sündigen als zu leben; und darum begehren sie, hienieden immer zu leben, um niemals aufzuhören zu sündigen, solange sie leben. Die Gerechtigkeit des strengen Richters fordert also, dass sie niemals von Strafe frei sind, deren Herz in diesem Leben niemals von Sünde frei sein wollte; und dem Missetäter wird kein Ende der Züchtigung gegeben, weil er kein Ende der Missetat haben wollte, solange er konnte.“ (Das Zeugnis der Väter. Ein Quellenbuch der Dogmatik. Ausgewählt und übertragen von Leo von Rudloff O.S.B. Verlag Pustet, Regensburg 1937, S. 409.)
Diese Beschreibung der sündhaften Intention derer, die in die Hölle kommen, entspricht vollends dem von Jesus formulierten Begriff der Sünde gegen den Heiligen Geist! Wir können niemals wissen und sagen, wer konkret in den Himmel (außer den kanonisierten Heiligen), ins Fegefeuer und in die Hölle kommt. Das weiß Gott allein – wir, Menschen, dürfen uns da nichts anmaßen! Die Kirche stellt aber klare Grundsätze auf und erklärt, was nach der Lehre Jesu in diesem oder in jenem Fall des sittlichkeitsrelevanten Verhaltens eines Menschen passiert.
■ Ja, „Gott ist Liebe. Gottes Liebe hat sich an uns darin geoffenbart, dass Gott Seinen Eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch Ihn das Leben haben. Darin zeigt sich die Liebe: …Er hat uns geliebt und Seinen Sohn als Sühnopfer für unsere Sünden gesandt.“ (1 Joh 4,8-11.)
Nur ist es eine wesentliche Eigenschaft der Liebe, ohne welche sie unter keinen Umständen Liebe sein kann: Die Liebe will Liebe, sie fordert die menschliche Freiheit kategorisch und unmissverständlich zur Gegenliebe auf! Und erst wenn diese unendliche und unbegreifliche Liebe Gottes vom Menschen bewusst erwidert wird, kommt es zu einer lebendigen Gemeinschaft zwischen Gott und dem Menschen im Heiligen Geist – für den betreffenden Menschen der Beginn des ewigen Lebens in der Gnade Christi!
Also offenbart sich der wahre Gott nur insofern, dass Er wie selbstverständlich, unbedingt und absolut ausnahmslos vom Menschen auch die Gegenliebe fordert. Gott wäre nicht Gott, würde Er sich an die menschliche Freiheit nicht mit und in diesem moralischen Imperativ wenden. Er ist eben Liebe, weil Er ohne Wenn und Aber zugleich Liebe will und deren Vollzug vom Menschen kategorisch einfordert: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Gemüt. Das ist das größte und erste Gebot.“ (Mt 22,37.)
Gute und ihre Kinder wirklich und wahrhaft liebende Eltern zeichnen sich ja ebenfalls nicht nur dadurch aus, dass sie ihre Kinder umsorgen und behüten, sondern gleichzeitig auch, dass sie von ihren Kindern unbedingt auch die Einhaltung der sittlichen Gebote einfordern und sie somit auch ihrerseits zur Liebe (Gottes und des Nächsten) befähigen! Sonst ziehen sie (intentional) nur selbstsüchtige und verantwortungslose Zeitgenossen heran, für die es nichts Heiliges und Gutes gibt – statt zu erziehen verziehen sie sie! So zeigt auch Gott Seine Liebe zu uns primär darin, dass Er in uns unbedingt die Fähigkeit zur (Gegen)Liebe Seiner Liebe erziehen will.
So schlussfolgert auch der hl. Apostel Johannes: „Daran sehen wir, dass wir Ihn kennen, wenn wir Seine Gebote halten. Wer sagt: Ich kenne Ihn, aber Seine Gebote nicht hält, der ist ein Lügner. Die Wahrheit ist nicht in ihm. Wer aber Sein Wort hält, in dem ist wahrhaft die Liebe Gottes vollkommen. Daran erkennen wir, dass wir in Ihm sind. Wer behauptet, er bleibe in Ihm, der muss auch so wandeln, wie Er gewandelt ist. … Wer sagt, er sei im Licht, hasst aber dabei seinen Bruder, der ist noch immer in der Finsternis. Wer seinen Bruder liebt, bleibt im Licht und nimmt keinen Anstoß. Wer dagegen seinen Bruder hasst, ist in der Finsternis und wandelt im Dunkel. Er weiß nicht, wohin er geht. Die Finsternis hat seine Augen geblendet.“ (1 Joh 2,3-6.9-11.)
Daran sieht man die absolute Unvereinbarkeit der Liebe und des geistigen Lichtes Gottes mit Hass und der geistigen Dunkelheit der sich für die Sünde entschiedenen Menschen. „Das ist die Botschaft, die wir von Ihm vernommen haben und euch verkünden: Gott ist Licht. In Ihm ist keine Finsternis. Wenn wir sagen, wir haben Gemeinschaft mit Ihm, wandeln aber in der Finsternis, so lügen wir und handeln nicht nach der Wahrheit. Wenn wir aber im Licht wandeln, wie Er im Licht ist, so haben wir miteinander Gemeinschaft, und das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, macht uns von aller Sünde rein.“(1 Joh 1,5-7.)
Wie soll also ein Mensch, der sich bewusst gegen die Liebe Gottes und für das Böse und somit den Hass (in seinen verschiedensten Formen) entschieden hat, am himmlischen Reich der beseligenden Liebe und des geistigen Lichtes Gottes im Paradies teilhaben können? Wenn in seinem Herzen in tragischer Weise Stürme der Schlechtigkeit, Verachtung und des Hasses toben, schließt er sich ja selbst von der erlösenden und befreienden Gnade Gottes aus!
■ Der hl. Kirchenlehrer Augustinus (An Orosius 6,7) gibt in diesem gesamten Zusammenhang auch noch folgendes zu bedenken: „‘Jene werden gehen in das ewige Feuer, die Gerechten aber ins ewige Leben‘ (Mt 25,46). In beiden Malen steht im Griechischen ‚aiónion‘. Wenn uns also die Barmherzigkeit dazu verführen will, zu glauben, die Strafe der Gottlosen werde nicht ohne Ende sein, was sollen wir dann vom Lohn der Gerechten glauben, da in beiden Fällen an derselben Stelle, in demselben Satz und mit dem gleichen Wort von der Ewigkeit die Rede ist? Sollen wir denn sagen, dass auch die Gerechten wiederum aus jener Heiligkeit und dem ewigen Leben zum Schmutz der Sünden und zum Tod zurücksinken werden? Das liegt dem gesunden christlichen Glauben fern! Somit wurde beides ewig ohne Ende genannt, d.h. aiónion.“ (Das Zeugnis der Väter. Ebd., S. 408f.)
Die Leugner der Existenz der Hölle bzw. die Befürworter der These von der „leeren Hölle“ sollen bitte auch bedenken, welche Folgen sich denn nach ihrer Logik ergeben, wenn man an das Schicksal des Teufels selbst in der Ewigkeit denkt. Jedenfalls nimmt Jesus die Realität des Teufels sehr ernst und spricht warnend vom „Fürsten dieser Welt“ (Joh 12,31). Dieser Teufel trat sogar mit einer dreifachen Versuchung an Jesus heran, wobei es ihm letzten Endes um nichts Geringeres ging, als dass Jesus niederfalle und ihn, den Teufel, anbete. (Vgl. Mt 4,1-11.) Eigentlich wollte der Teufel damit nicht nur die Erlösung der Menschen durch Christus verhindern, sondern sich an Gottesstatt sogar selbst zu Gott und somit zur obersten „moralischen“ Instanz proklamieren – Lüge und Hass zu obersten „sittlichen“ Werten erklärend!
Wenn man aber annehmen wollte, dass es keine Hölle oder lediglich nur eine „leere Hölle“ gäbe (was auf dasselbe hinausläuft), müsste man wohl schlussfolgern, dass auch der Teufel letztendlich in den Himmel komme und eine geistige Gemeinschaft mit Gott bilde. Wäre das denn nicht logisch? Auf diese Weise würde man das Böse furchtbar verharmlosen (was ja auch gerade zur perversen List des Teufels gehört!) und Gott zu einem Komplizen des Teufels und somit des Bösen machen. Man schreckt davor zurück, sich eine solche moralische Grauslichkeit auch nur entfernt vorzustellen!
Würde man aber durch die Leugnung der Existenz der Hölle nicht gerade einer solchen schrecklich-schockierenden Vorstellung Vorschub leisten, dass nämlich Gott und Sein Widersacher, der Teufel, letzten Endes „unter einer Decke stecken“? Nein, ein Gott liebender Christ hört lieber auf die eindringliche Warnung des hl. Apostels Petrus: „Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen könne. Widersteht ihm fest im Glauben!“ (1 Petr 5,8.)
Somit führt der Versuch, die Existenz der Hölle mit Verweis auf die Liebe Gottes und das unendlich wertvolle Liebesopfer Christi am Kreuz zu leugnen, letztendlich dazu, die Liebe Gottes selbst (in ihrem eigentlichen christlichen Sinn des Wortes!) zu leugnen und darüber hinaus auch Jesus Christus wenigstens indirekt dafür zu kritisieren, dass Er während der drei in der Wüste erlittenen Versuchungen durch den Teufel eben keinen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe! Das ist eigentlich die letzte Konsequenz der betreffenden modernistischen Idee.
■ Die Lehre, die wir aus alledem offensichtlich ziehen sollten, ist wohl wenigstens eine zweifache. Erstens sollten wir wohl tunlichst vermeiden, dass wir uns an unsere Sünden und für andere lästige Unarten unseres Charakters gewöhnten und sie somit im Prinzip hinnähmen. Ja, Gott ist langmütig und geduldig. Und bisher gab Er uns offensichtlich immer wieder eine neue Chance zu Reue, Umkehr und Beichte. Aber woher wollen wir denn wissen, wie lang in unserem Fall noch die Langmut Gottes dauert, wieviel Zeit wir jeweils noch haben und wie schnell sich uns durch unseren Tod das Gericht Gottes nahen könnte. Dann ist die Zeit vertan und es gilt die Ewigkeit.
Und was vielleicht noch schlimmer wäre: Wir könnten uns ja ebenfalls in unseren Sünden verhärten und auf diese Weise auch immer weniger aufnahmebereit für den mahnenden Ruf Gottes werden! Würde dann nicht auch die Gnade Gottes in uns immer weniger Wirkung entfalten können? Und so dann eine jeweils neue und weitere negative Windung in der Spirale unseres Elends. „Nur noch kurze Zeit ist das Licht unter euch. Wandelt im Licht, solange ihr es noch habt. Sonst überfällt euch die Finsternis. Wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht. Solange ihr das Licht habt, glaubt an das Licht. Dann werdet ihr Kinder des Lichts.“ (Joh 12,35f.)
Und zweitens nutzen wir die Zeit dazu, ohne unnötiges Zögern innere Einkehr zu praktizieren und dabei eine schonungslose und heilsam-kritische Analyse unseres Denkens, Redens und Tuns durchzuführen. Ebenso sollten wir nicht leichtfertig säumen, sowohl andere aufrichtig um Vergebung unserer Schuld vor Gott und den Menschen zu bitten als auch den anderen bei entsprechender Bitte großherzig Vergebung zu gewähren! Die menschliche Schuld sollte so schnell wie nur irgendwie möglich aus der Welt geschaffen werden und eben nicht weiter die geistige Umwelt verschmutzen! Denn Vergebung bricht die Macht des Teufels und seiner Helfershelfer, führt zur Gnade Gottes und ist somit wie ein großer Wald, der den lebensfeindlichen Kohlenstoffdioxid (CO2) bindet und somit vernichtet und den erforderlichen lebensnotwendigen Sauerstoff für unsere geistige Atmosphäre produziert!

P. Eugen Rissling

 

 

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